„Das Gesamtpaket SKN war absolut überzeugend“
Wenige Tage nach dem Test gegen Turbine Potsdam saß Maria Wolf erstmals auf der Trainerbank unserer Wölfinnen. Zuvor war sie Assistenztrainerin von Dominik Thalhammer und sorgte als erste weibliche Trainerin einer Herrenmannschaft in Österreich für Schlagzeilen. Wir haben uns mit der Weinviertlerin unterhalten.
Maria, dein Weg zum spusu SKN St. Pölten war ein kurioser, mit zahlreichen Umwegen und unvorhergesehenen Wendungen. Schildere uns bitte deinen Weg zum spusu SKN und was gab am Ende den Ausschlag, dass du bei den Wölfinnen gelandet bist?
Ich finde es war für mich ein sehr guter Weg! Jede Station gestaltete sich anders und ich durfte immer wieder wertvolle und wichtige Erfahrungen mitnehmen. Wie jede TrainerInnenlaufbahn beginnt man natürlich im Kinder- und Jugendbereich. Da war ich damals beim ATSV Hollabrunn und DSG Olympique Klosterneuburg tätig. Nach meiner Absolvierung der B-Lizenz durfte ich weitere Erfahrungen bei den Damen des ATSV Hollabrunn (LL und 2.Liga) und bei den Herren in Obritz (Gebietsliga) sammeln. Weitere Stationen waren dann der SV Sitzendorf (Herren/2.Klasse), SG Großweikersdorf/Wiesendorf (Herren/Gebietsliga) und die U18 in Stadlau. Während meiner Ausbildung zur A-Lizenztrainerin durfte ich dann beim Damen-Nationalteam als AssistenztrainerIn dabei sein. Nachdem Dominik Thalhammer neuer Headcoach und Sportdirektor beim LASK wurde, musste ich schlussendlich das A-Nationalteam verlassen. Für mich war klar, so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen zu wollen. Am Ende fiel die Entscheidung, ohne lang nachzudenken, auf die Damen des Spusu SKN St. Pölten.
Du warst selbst als Spielerin aktiv, wurdest 2013 sogar Landesliga-Meisterin mit Hollabrunn und schafftest den Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse Österreichs, wo du in der Saison 2013/14 unter anderem auch gegen die zweite Mannschaft von St. Pölten, deinem aktuellen Klub, gespielt hast. Gibt es einen Moment oder eine Begegnung in deiner Spielerkarriere, an die du immer wieder gerne zurück denkst?
Ach, da gab es viele schöne und vor allem spannende Erlebnisse. An ein Spiel kann ich mich besonders gut erinnern, da wird meinem damaligen Trainer gleich wieder schlecht werden. (Haha) Es war die letzte Begegnung einer langen Saison, ich hatte brutale Rückenschmerzen und war vor der Abfahrt zum Spielort noch bei meiner Masseurin. Was ich mich erinnern kann, standen wir mit Hollabrunn bereits als Meister fest und wollten die erfolgreiche Spielzeit gebührend beenden. Die Masseurin war offensichtlich sehr gut, denn ich war so entspannt, dass ich mir noch ein Nickerchen genehmigte. Eigentlich war ich vor großen Spielen immer nervös, aber fokussiert. Vorab muss ich noch loswerden, dass ich immer pünktlich bin. Auf alle Fälle schlief ich entspannt ein. Irgendwann wurde ich munter, nahm verschlafen das Handy und hatte mich ziemlich erschrocken – Unzählige Anrufe in Abwesenheit und das 15 Minuten vor Spielbeginn. Ups! Ich kontaktierte schnell den Trainer und bin wie der Blitz zum Platz gesaust. Habe ja nur fünf Minuten entfernt gewohnt. Ich muss ehrlich sagen, ich fühlte mich völlig daneben. Dachte mir auch, dass ich vom Coach und meinen Teamkolleginnen ordentlich abräumen werde. Sie waren aber froh, dass nichts passiert ist. Rein in die Kabine, rein ins Trikot – ich hatte nicht einmal Zeit zum Aufwärmen! Anpfiff, 1. Minute und gleich Tor Wolf. Keine Ahnung wie das passiert ist, war ja 15 Minuten zuvor noch im Tiefschlaf auf dem Sofa. Bis zur Halbzeit hatte ich dann insgesamt zwei weitere Tore geschossen. Ich durfte dann in der zweiten Hälfte relativ früh raus und am Ende auch den Meistertitel mit den Mädls feiern. Aber noch einmal brauche ich so ein Erlebnis nicht. Das war mir dann doch zu spannend und etwas peinlich.
Du warst österreichweit die erste weibliche Trainerin einer Männermannschaft und wurdest dabei medial auch landesweit bekannt. Wie waren damals die Reaktionen von Spielern und Fans auf deine Tätigkeit als Übungsleiterin eines Herrenteams?
Man tut den Herren Unrecht wenn man sagt, sie wollen keine Frauen als Trainerinnen. Ich kann behaupten, dass das sehr gut funktioniert hat und ich nie Gegenwehr erhalten habe, nur weil ich eine Frau bin. Ich wurde ja gefragt ob ich mir diese Tätigkeit vorstellen kann. Und ehrlich gesagt war das eine große Ehre für mich, dass sie überhaut an mich gedacht haben. Für die Herren war ich schlussendlich Maria die Trainerin – und so habe ich auch gearbeitet. Natürlich musste ich mich wahrscheinlich mehr beweisen, bestimmte Dinge anders angehen, aber man hat bei mir schnell gemerkt, dass ich was bewirken möchte, die Aufgabe ernst nehme und nicht nur zum Spaß am Platz stehe. Ich kann auch mit Stolz sagen, dass die vorgegebene Ziele auch immer erreicht wurden. Eine Trainerin oder ein Trainer wird am Ende immer am Erfolg gemessen.
Leider werden in der heutigen Gesellschaft Frauen immer noch unterschätzt, das Wort Gleichberechtigung ist oftmals nur eine leere Worthülse. Sicherlich ist es dir auch in deiner Trainerlaufbahn bei den Männern so gegangen, dass du unterschätzt wurdest. Wie lange hat es gedauert, bis du deine Spieler von deinem Spielkonzept überzeugen konntest und sie voll mitgezogen sind?
Das würde ich so jetzt nicht sagen. Die Spieler haben ja gemerkt, dass die Taktiken die wir gemeinsam erarbeitet haben, gegriffen haben. Es war immer klar, warum wir was wie machen. Sowohl die Spieler, als auch das Team im Ganzen, haben sich bei jeder Station weiterentwickelt. Das war offensichtlich auch von Außen erkennbar. Somit waren auch die Fans zufrieden. Ich musste nicht viel mehr tun, als einfach meine Arbeit als Trainerin. Das Wichtigste für TrainerInnen ist auch zu verstehen, dass man mit Menschen arbeitet. Von Anfang an wird dir von SpielerInnen oder auch dem Betreuerteam Vertrauen entgegengebracht, mit dem man verantwortungsvoll umgehen muss. Es bringt dir die beste Expertise nichts, wenn du dich nicht für dein Gegenüber interessierst. Damit meine ich, dass du ehrliches Interesse zeigst und einen respektvollen Umgang pflegst. Und da ist es egal, ob Mann oder Frau. Nur dann werden sie für dich alles geben und noch mehr.
Wenn wir auf die Planet Pure Frauen Bundesliga schauen, sind die spusu SKN Frauen das einzige Team mit einem rein weiblichen Gespann (Trainerin und Sportliche Leiterin). Warum denkst du schrecken auch beim Frauenfußball viele Vereine davor zurück, weiblichen Trainerinnen eine Chance zu geben?
Soweit mir bekannt ist, gibt es nicht viele Trainerinnen mit A-Lizenz. Und das ist schließlich ein Kriterium um in der Planet Pure Frauen Bundesliga anheuern zu können. Aber ich denke, die Zeit ist gekommen. Ich hoffe und wünsche mir, dass in Zukunft mehr Damen die Trainerausbildung absolvieren und das natürlich auch vom Verband mehr forciert und voll unterstützt wird. Jeder wird davon profitieren.
Wie du bereits erwähnt hast, warst du bis vor wenigen Wochen als Assistenztrainerin von Ex-Teamchef Dominik Thalhammer im Einsatz. Welche Aufgabengebiete durftest du hierbei betreuen und wie war die Arbeit im Frauen-Nationalteam?
Am Ende sollte ich mich mit den Standards beschäftigen. Das betrifft die Gegneranalyse, wie auch die Qualität und Quantität der eigenen Standards. Es war extrem spannend, sich damit intensiv auseinanderzusetzen und sich diesbezüglich auch mit diversen Spezialisten auch auszutauschen. Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich sehr viele wertvolle Erfahrungen im Nationalteam gesammelt habe, die mich als Trainerin auf alle Fälle weiter bringen werden.
Hast du einen großen Traum oder ein hoch gestecktes Ziel, das du als Trainerin gerne erreichen würdest?
Das habe ich natürlich. Aber diese Träume behalte ich für`s Erste einmal für mich.
Du bist nun auch schon wieder einige Wochen bei den spusu SKN Frauen tätg. Wie waren deine ersten Eindrücke von der Mannschaft und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem weiteren Betreuerstab?
Es gab auch früher schon einen gemeinsamen Austausch. Ich hatte von Beginn weg ein sehr gutes Gefühl. Zwischen dem Präsidenten Herrn Schmaus, der Sportlichen Leiterin und Trainerkollegin Liese Brancao und dem Rest des Teams, war sofort eine ehrliche, offene Kommunikation vorhanden. Für mich ein wichtiges Kriterium, um konstruktiv und entspannt arbeiten zu können. Der Kader hat eine unglaubliche Qualität und die Stimmung unter den Mädls ist extrem gut. Die Spielerinnen zeigen eine bemerkenswerte Professionalität auf dem Platz und ziehen beim Training voll konzentriert mit. Das funktionierende Umfeld, das Tagesgeschäft und im Detail arbeiten zu können, hat mir die Entscheidung sehr leicht gemacht das Angebot aus St. Pölten anzunehmen. Ein Monat später kann ich sagen – es war absolut die richtige Entscheidung!
Wie sehen die Ziele für die neue Saison aus und welche Ziele verfolgst du persönlich für die Spielzeit 2020/21?
Die Ziele des Vereins sind natürlich bekannt. Was mich betrifft, hoffe ich vor allem, dass alle gesund bleiben und wir die Spiele trotz Corona erfolgreich durchziehen können. Persönlich möchte ich mich als Trainerin einfach weiterentwickeln und dafür ist der spusu SKN St. Pölten jetzt genau die richtige Station.