„Das Hauptziel ist Spaß am Fußball“
Seit Februar ist Coach Olivier Nocella als Trainer unserer Jungwölfinnen tätig, brachte neuen Schwung und frischen Wind in das Future-League-Team der spusu SKN Frauen. Im Interview gibt der Franzose Einblick in seine Ziele beim SKN, was für ihn nach dem Umstieg auf den Frauenfußball neu war und erklärt, welche Wölfin er schon in jungen Jahren trainieren durfte.
Olivier, du bist jetzt seit knapp zwei Monaten Coach der Jungwölfinnen des spusu SKN. Wie waren die ersten Wochen als Future-League-Trainer?
Zu allererst bin ich sehr froh, die Jüngwölfinen trainieren zu dürfen! Der Empfang war hervorragend. Sowohl seitens der Sportlichen Leitung, des Trainerteams, als auch seitens der Spielerinnen. Bei unserem ersten Training war ich sehr erfreut, eine Gruppe zu entdecken, die zuhörte, motiviert war und sich sehr engagierte. Nach einigen Wochen gemeinsamer Arbeit ist die Entwicklung jeder Einzelnen bereits sehr positiv. Heute habe ich eine sehr klare Vorstellung vom Potenzial jeder Spielerin und den Schwerpunkten, an denen wir im weiteren Verlauf der Saison arbeiten werden.
Du bist vor deinem Engagement bei den Wölfinnen vorwiegend im Wiener Fußball unterwegs gewesen. Wie kam der Kontakt zum SKN zustande? Was ist das reizvolle an der Aufgabe als Future-League-Coach der SKN St. Pölten Frauen?
Das Leben ist voller Überraschungen. Ich hatte eigentlich nicht vor, Wien zu verlassen. Jedoch ist Andreas Bicek ist im Internet auf meinen Lebenslauf gestoßen und hat mich kontaktiert, als ich gerade verschiedene Auswahlmöglichkeiten in Wien vorfand. Auch wenn es anfangs nicht meinen Vorstellungen entsprach, gefiel mir das Projekt, das er mir vorstellte. Und er konnte mich davon überzeugen, mich den spusu SKN Frauen anzuschließen.
Auf welchen Fußball können sich die Fans freuen? Ist dir wichtiger, dass man kein Gegentor erhält oder bist du ein Verfechter des Offensivfußballs?
Ich bin ein Liebhaber des schönen Fußballs. Eines totalen Fußballs, bei dem jeder sein Bestes gibt, um sein Tor zu schützen, wenn der Gegner den Ball hat und ihn dann zurückzuerobern, sobald es möglich ist und schließlich zu treffen, wenn wir ihn zurückerobert haben. Einige Personen unter den Trainern, Führungskräften, Zuschauern oder Spielern vergessen manchmal zu schnell, dass das Hauptziel dieses Sports und des Sports im Allgemeinen, der Spaß ist. Ich spreche nicht von diesem kleinen egoistischen Vergnügen, etwas zu tun, wann immer man will. Nein, ich spreche von dem Vergnügen, das man empfindet, wenn man sich in einem Spiel voll einbringt, man erschöpft rauskommt und stolz darauf ist, alles für das gemeinsame Ziel in einem Team gegeben zu haben. Es ist ein Vergnügen, eine Leidenschaft zu teilen. Ein Vergnügen, alle Arten von Emotionen zu erleben. Und all das kann man nur erleben, indem man bestimmte Risiken eingeht – offensiv wie defensiv – mit dem Risiko zu verlieren, oder eben der Freude, zu gewinnen.
Du kommst aus dem Herrenfußball, hast bislang nur Männermannschaften trainiert. Wie groß war für dich zu Beginn die Umstellung auf den Frauenfußball?
Frauenfußball hat natürlich seine eigenen Besonderheiten, die ich nach und nach entdecke. Was mich am meisten beeindruckt hat, ist der Unterschied zum Männerfußball in Bezug auf die athletischen Eigenschaften – zum Beispiel: Kraft, Geschwindigkeit, Explosivität oder körperliche Wirkung. In einem anderen Bereich scheint es mir, und ich hoffe, dass es bestätigt wird, dass die Haltung der Mädchen auf dem Platz untereinander und gegenüber dem Schiedsrichter viel respektvoller ist. Diese neue Erfahrung zu erleben, ist wirklich sehr bereichernd für mich.
Die spusu SKN Frauen sind allerdings nicht deine erste Station im Frauenfußball, vor einigen Jahren hast du für einige Spiele die LAZ-Frauenauswahl gecoacht. Wie kam es dazu?
Es ist zwar schon einige Jahre her, war allerdings eine großartige Erfahrung! Der Trainer der Wiener Auswahlmannschaft war für zwei Spiele der „Bundesländer Nachwuchsmeisterschaft“ nicht verfügbar. Ich habe ihn vertreten und dabei meine ersten Schritte im Frauenfußball gemacht. Dabei habe ich auch zum ersten Mal Sarah Mattner-Trembleau gecoacht, eine ehemalige Schülerin des Lycée Français de Vienne, an dem ich unterrichte. Heute spielt Sarah bei den spusu SKN Frauen, schön ihre Entwicklung zu sehen!
Aktuell liegen die Jungwölfinnen des spusu SKN auf Platz vier in der Future-League-Tabelle, zwischen den zweitplatzierten Young Violets und den siebtplatzierten Neulengbacherinnen liegen nur fünf Zähler. Welches Ziel hast du dir gesetzt, wo soll das Future-League-Team nach 16 gespielten Runden in der Endtabelle landen?
Unser Ziel ist es, die Spielerinnen weiterzuentwickeln. Wir sind „Entwicklungsorientiert“. Wenn jede Spielerin Fortschritte macht, wird das Team automatisch Fortschritte machen. Wenn wir uns auf das Ergebnis konzentrieren, geht dies zu Lasten der Entwicklung der Spielerinnen. Um Fortschritte zu machen, muss man versuchen, Risiken einzugehen und zu experimentieren. Risiken, die auch in Fehler münden können und möglicherweise Punkte oder Plätze in der Tabelle kosten. Aber wir müssen akzeptieren, dass unsere Arbeit darin besteht, in jede von ihnen zu investieren, um sie besser zu machen. Investieren bedeutet, heute vielleicht zu verlieren, um später zu gewinnen! Der zukünftige Sieg kommt nicht Morgen und wird nicht in Punkten oder Tabellenplätzen gemessen, sondern an der Anzahl der Mädels, die in einem Jahr, fünf Jahren oder zehn Jahren auf einem guten, sehr guten oder Spitzen-Niveau spielen. Unsere Freude als Ausbildungstrainer besteht darin zu wissen, dass wir unseren kleinen Beitrag zur sportlichen und menschlichen Entwicklung dieser Spielerinnen geleistet haben.
Deine Trainertätigkeit bei den Jungwölfinnen wurde als Langzeitprojekt ausgelegt, wird sich die „Schule Olivier“ bei den spusu SKN Frauen langfristig etablieren können?
Hannah Arendt sagte, dass die menschliche Existenz zwei Eigenschaften habe: Unvorhersehbarkeit und Unumkehrbarkeit. Ich kam nach Wien und dachte, dass ich ohnehin nur drei oder vier Jahre in der Bundeshauptstadt bleiben würde – jetzt bin seit 20 Jahren hier. Ich dachte, meine Liebe zu Wienerschnitzel würde ewig dauern, aber nach zwei Monaten konnte ich keine mehr verdrücken. Eines ist auf alle Fälle sicher: Ich engagiere mich, als ob es für immer wäre. Auch wenn ich weiß, dass alles einmal zu Ende geht. Ich werde mein Bestes geben, solange ich kann oder solange mir Zeit gegeben wird.