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„Fühle mich in St. Pölten sehr wohl!“

Julia Tabotta feiert ihr zehnjähriges Jubiläum bei den Frauen des spusu SKN St. Pölten. Im Interview spricht sie über ihre ersten Jahre, die Entwicklung des Vereins sowie Höhenflüge in blau-gelb und zeigt sich erfreut, welche Fortschritte der Frauenfußball in Österreich genommen hat.

10 Jahre beim SKN! Julia, du hast alle Höhen und Tiefen des Vereins miterlebt, hast alle wichtigen Meilensteine, wie Champions League, nationale Siegesserien sowie den Aufstieg zur führenden Adresse im österreichischen Frauenfußball mitgemacht. Hättest du dir das alles vor zehn Jahren erträumt?
Nicht in all seinen Facetten, aber an sich war genau das das Ziel und die Vision. Die letzte Champions-League-Saison war ein großes Highlight, inklusive dem Erreichen des Achtelfinals. Vor allem, wie wir in den Spielen aufgetreten sind, hätte ich mir damals nicht erträumt.

Wie kam der Wechsel damals zustande? Du warst ja bis Sommer 2011 beim USC Landhaus aktiv, einer der damals besten Klubs Österreichs, und bist zum Aufsteiger gewechselt. War das nicht doch ein riskanter Wechsel?
Es war ziemlich gutes Timing. Ich hatte im Winter 2011 schon das Gefühl, dass ich gerne sportlich mehr möchte. Ich wollte mit erfahrenen Spielerinnen kicken und die Aussicht auf Titel und die Champions League haben. Eine Mitspielerin ist damals bei Landhaus auf mich zugekommen und hat gemeint, eine ehemalige Trainerin (auch von mir) geht zu Spratzern, sie hätte mich gerne in ihrem Team und, dass dort versucht wird, etwas Großes aufzubauen und ich hatte sofort Interesse. Es folgte ein Gespräch mit Obmann Wilfried Schmaus, dabei wurde sich sehr um uns bemüht.
Ich würde es als einen mutigen Schritt bezeichnen. Etwas Neues zu wagen ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, da man nie wissen kann, wie es sich entwickeln wird. Aber ich war von der Vision, der Arbeit, Weitsicht, Unaufgeregtheit und Organisation relativ schnell überzeugt und bereit den Weg mitzugehen. Ich war sogar so überzeugt, dass ich ein Jahr zweite Liga gespielt hätte – der Aufstieg war bei meiner Zusage noch nicht fixiert! Bis heute habe ich den Schritt nicht einmal bereut, im Gegenteil, ich bin froh, dass ich damals meinem Bauchgefühl vertraut habe.

Du wurdest beim letzten Heimspiel der abgelaufenen Saison für zehn Jahre SKN geehrt. Gab es in dieser Zeit eine ganz besondere Phase oder Spiele, an die du immer wieder gerne zurückblickst?
Einzelne Sachen herauszupicken ist schwierig, da gibt es so viele Momente und Phasen, die in Erinnerung geblieben sind. Was mir aber sofort in den Sinn kommt, ist das Cup-Finale 2013. Wir waren das erste Mal spielerisch besser als Neulengbach – zumindest 86 Minuten – und haben 3:0 geführt. Eigentlich schien alles entschieden und der erste Titel fix, aber wir mussten dann noch in die Verlängerung und sogar ins Elfmeterschießen. Zum Glück haben wir es dann noch geschafft! Ich glaube in dem Spiel bin ich einige Jahre gealtert – es war die ganze Palette an Emotionen dabei, über extreme Freude bis hin zu Entsetzen. Die Geschichte ist auch heute noch ein Dauerbrenner. Natürlich war auch die erste Meistersaison ganz speziell. Eine Hin- und Rückrunde konstant zu spielen ist noch einmal ein gutes Stück schwerer als ein einzelnes Endspiel für sich zu entscheiden. Aber auch die abgelaufene Saison, die sportlich mit Abstand die erfolgreichste war, mit dem UWCL-Achtelfinale und 18 Siegen in der Meisterschaft, war echt richtig lässig!

Lass uns mal an deine Anfangszeit in St. Pölten zurückgehen. Damals spielte man noch am Sportplatz in Spratzern und war frisch in die höchste Liga aufgestiegen. Wie waren damals die Rahmenbedingungen?
Sie waren damals schon gut, wir hatten alles was wir brauchten, um gute Leistungen zu bringen und uns zu entwickeln. Aber sie waren bei weitem nicht so professionell wie heute. Die Rahmenbedingungen bzw. die Professionalität sind mit der Mannschaft, den Erfolgen und Aufgaben mitgewachsen und wachsen auch heute noch von Jahr zu Jahr weiter. Eines von vielen Beispielen wäre die eigene Kabine, die wir erst nach Jahren realisieren konnten. Es ist schon sehr spannend, diese Entwicklung mitzuerleben und ein Teil davon sein zu dürfen.

Gab es während deiner Amtszeit beim SKN eigentlich Angebote anderer Vereine, bei denen du länger nachdenken musstest, ob du es annehmen sollst, weil es äußerst verlockend gewesen wäre?
Eigentlich nichts nennenswertes. Ich fühle mich in St. Pölten sehr wohl und habe auch nicht vor, in näherer Zukunft etwas an meiner sportlichen Situation zu ändern.

Auf der Betreuerbank herrschte an vorderster Front die meiste Zeit über Kontinuität. Gibt es Dinge, die du dir von den einzelnen Coaches mitnehmen konntest, auf deinen weiteren Karriereweg?
Ich denke man nimmt sich von jedem Trainer/jeder Trainerin in gewisser Weise etwas mit, sie prägen eine Phase in der Laufbahn und jeder Trainer/jede Trainerin hat seine/ihre eigen Sicht auf Fußball. Ich muss ehrlich sagen ich kann nicht mehr genau zuordnen von wem ich was explizit mitgenommen habe. In den ersten Jahren habe ich noch links gespielt und wir hatten so viel Flankentraining, dass der Linke mittlerweile auch recht annehmbar ist. In den letzten Jahren habe ich gelernt, dass Fehler okay sind und dazu gehören, man muss nur richtig darauf reagieren. Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Ich bin jung zum Verein gekommen, deswegen wurde ein Großteil meines Spielstils hier geformt.

In zehn Jahren hattest du eine Menge Mitspielerinnen. Gibt es Spielerinnen, die du noch heute öfters siehst, bzw. mit denen du noch regelmäßig in Kontakt bist?
Mit der Ein oder Anderen hab ich auch heute noch regelmäßig Kontakt und es sind tiefe Freundschaften entstanden. Man muss bedenken, dass wir sehr viel Zeit miteinander verbringen und uns so gut wie jeden Tag sehen. Wir haben die gleiche Leidenschaft, verstehen, wie viel wir dafür investieren und erleben viel miteinander, dass kann schon sehr zusammenschweißen. Natürlich kann man nicht mit jeder in Kontakt bleiben, zumal ich wahrscheinlich schon mit Spielerinnen für mehr als zehn eigenständige Mannschaften zusammengespielt habe.

Im letzten Jahr schaffte der SKN auf nationaler Ebene erstmals eine Saison ohne Punktverlust, was macht euch derzeit so stark?
Da spielen viele Faktoren zusammen, würde ich sagen. Zum einen spielt der Kern jetzt schon einige Jahre miteinander, jede hat die Spielphilosophie verinnerlicht und weiß, was sie am Feld zu tun hat. Weiters investieren wir alle sehr viel Zeit und Arbeit, dass sehen die Meisten nicht im vollen Ausmaß. Aber den größten Faktor dieses Jahr, hat in meinen Augen der Teamspirit ausgemacht. Ich hab noch nie in einer menschlich (und auch spielerisch) so gut funktionierenden Mannschaft gespielt. Die Spielerinnen die zurück-, bzw. neu gekommen sind, haben sich sehr schnell spielerisch, aber auch menschlich in die Mannschaft eingefügt, uns absolut bereichert und sind zu einem unverzichtbaren Teil des Teams geworden. Jede Einzelne hat die Qualität, um jedes Spiel von Anfang an zu spielen, dadurch ergibt sich aber auch dass jede irgendwann zurückstecken und sich in den Dienst der Mannschaft stellen musste. Und Jede hat es gemacht, egal ob sie von Anfang, eingewechselt, oder gar nicht gespielt hat – die Mannschaft und Mitspielerinnen wurden bedingungslos ohne Frust unterstützt. Es war und ist wirklich sehr besonders, ein Teil dieser Mannschaft sein zu dürfen.
Natürlich benötigt man auch ein Trainer- und Betreuerteam, dass die Mannschaft immer wieder perfekt auf die Gegnerinnen einstellt, das Training passend gestaltet und koordiniert, für das körperliche Wohlbefinden sorgt usw. Auch das hat die Saison wirklich sehr gut funktioniert.
Und die unzähligen guten Seelen im Hintergrund, die die komplette Organisation rund um alle Spiele und das tägliche Geschäft erledigen, ohne die das alles nicht möglich wäre.
So viele Bruchstücke müssen zusammen passen, um so eine Saison spielen zu können und jedes ist wichtig. Gerade in dieser Zeit, wo alle so viel mehr arbeiten und investieren mussten, macht den Erfolg noch besonderer. DANKE an alle die mitwirken, wir wissen das alles zu schätzen!
Und noch einen gesonderten Dank an Herrn Schmaus, der seit über 10 Jahren unermüdlich für die Vision und den Erfolg arbeitet.

Wenn wir kurz in die Zukunft blicken: Wo siehst du dich selbst und den österreichischen Frauenfußball in zehn Jahren?
Mit sehr großer Sicherheit werde ich nicht mehr aktiv Fußballspielen – ich wäre dann 37. Für den Frauenfußball wünsche ich mir, dass er weiter Schritte nach vorne macht. Es hat sich schon vieles während meiner Zeit verbessert. Früher hatte ich oft das Gefühl, wenn man als Mädchen sagt, man spielt Fußball, haben einige gedacht „wie, Mädchen dürfen Fußballspielen?“ Heute sind die Meisten sehr interessiert und finden es bewundernswert. Dass Spiele live im Fernsehen übertragen werden, war auch ein wichtiger Schritt den Frauenfußball in die breiter Öffentlichkeit zu tragen und vielleicht jene zum Schauen zu animieren, die Frauenfußball noch nicht so am Schirm hatten. Die Erfolge und Leistungen des Frauennationalteams bei der EM 2017 haben einen Hype ausgelöst, der leider nach einiger Zeit wieder abgeflacht ist. Ich denke aber das zeigt, dass viel Potenzial im Frauenfußball steckt, aber auch noch viel zu tun ist. Es benötigt immer wieder Bemühungen und Menschen, die sich dem annehmen und dafür kämpfen.

Einen besonderen Dank würde ich gerne an meine Eltern aussprechen, die mich von Anfang an bedingungslos unterstützen – ohne sie wäre das alles so niemals möglich gewesen.
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich mich auf all das was noch kommt sehr freue!

 

Leistungsdaten Julia Tabotta:
6x österreichische Meisterin
7x österreichische Pokalsiegerin

197 Pflichtspiele für St. Pölten (130 Bundesliga, 33 Pokal, 20 zweite Liga, 14 Champions League)
24 Pflichtspieltore für St. Pölten (14 Bundesliga, 5 Pokal, 5 zweite Liga)
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Bilder aus zehn Jahre Julia Tabotta beim spusu SKN St. Pölten